Ein Fall von Reinkarnation, von Jordi Griera
Seitdem wir vor fünfzehn Jahren heirateten hatte die Mutter meiner Kinder, Mariona, immer wiederkehrende Träume. Morgens sagte sie zu mir „ich habe heute Nacht eines dieser Träume gehabt“ und sie erzählte ihn mir. Sie waren auf ungewöhnliche Weise real, nicht immer war es der gleiche, aber sie hatten gemeinsame Merkmale die sie ins Milieu vergangener Jahrhunderte brachten.
In einem von ihnen trug sie nachts und im dunklen, geheime Briefe durch leere Strassen mit sich; da sie sich versteckte glaubte sie, sie waren für gewisse Verschwörer. In anderen sah sie die Krypta einer Kathedrale, mit grossen Marmorstatuen, oder sie sah sich Treppen hinuntergehen um eine grosse und dunkle, mit aussergewöhnlich kostbarem Damast geschmückte romanische Kirche zu betreten; oder sie war in einem Kloster, oder auf einer Wallfahrt, zu Fuss am Ufer eines Flusses unterwegs, mit Grautieren und „sehr altertümlich und einfach“ gekleidet, überquerte sie den Fluss, schlief in einer Höhle am Wege, in der Nähe eines nicht aktivem Vulkans, etc. In anderen Nächten träumte sie wie sie durch die Strassen eines Dorfes mit ockergelben Häusern ging wie die im Piämont oder der Lombardei. Ich erinnere mich auch dass sie von einer Kapelle sprach die der heiligen Dreifaltigkeit gewidmet war und die sich in einem Tal zwischen drei Hügeln befand.
In dem Jahr schlug ich ihr vor in Urlaub zu fahren und nach einem Ort zu suchen der ihren Träumen ähnelte. Da sie einen Vulkan sah dachten wir an erster Stelle an Santa Pau in der katalonischen Garrotxa. Wir begaben uns dort hin aber fanden keines der anderen Elemente; das Kloster von Ripoll ist ein Schmuckstück, aber es ist viel kleiner als jene romanische Kirche in ihrem Traum und in die hiesigen Kirchen geht man hinauf, man geht keine Treppen hinunter um sie zu betreten. Wir besuchten die Ruinen von Sant Pere de Roda, eine unglaubhafte Kathedrale auf dem Gipfel der Albera, wo die Pyrenäen das Mittelmeer berühren und von der Alexandre Deulofeu sagte sie sei der erste romanische Tempel in Europa. Auch das war nicht die Kirche.
Dann dachten wir an Italien; es gibt Vulkane, nicht nur den Vesuv, und die ockerfarbenen Häuser sind da. Mit einem neuen Wohnwagen organisierten wir eine Reise dorthin und nahmen unsere 3 Kinder mit. In Ventimiglia oder Portofino sahen wir Strassen wie die in ihren Träumen der „Serie ockerfarben“, die man gut in italienischen Städten des XVIII Jahrhunderts gefunden hätte. Wir fanden in Italien keine romanischen Kirchen der Grösse oder mit den Merkmalen derer in den Träumen „von Kirchen und Vulkanen“.
Wir wollten schon aufgeben als uns eines Tages meine Schwiegermutter anrief. Sie war eine grosse Verehrerin der schwarzen Madonnen, ich sage jetzt nicht dass sie sie sammelte, aber sie war schon bemüht zu wissen wo sie alle zu finden waren. An dem Tag hatte sie gelesen dass eine schwarze Madonna in El Puy existierte und sie rief uns an damit wir ihr sagten wo das sei.
Ohne Google und fünf Jahre vor der Geburt des Internets, bedeutete eine solche Frage, auf Lexika und Strassenkarten zurückzugreifen. Wir konnten Puy oder Puèi und seine schwarze Madonna in der Auvergne Occitane ausfindig machen und…wir bekamen Gänsehaut: die Kirche von Puy ist romanisch, ganz Auvergne ist voll von grossen romanischen Kirchen und es ist auch eine vulkanische Gegend.
Wir warteten nicht den Urlaub ab; am 16. März 1987, als wir drei Tage zur Verfügung hatten, fuhren wir nach Frankreich. Allerdings gab ich ihr, bevor wir losfuhren, ein kleines Heft und bat sie so exakt wie möglich einige der Dinge die sie träumte, zu zeichnen. Sie zeichnete den Grundriss der Kirche, die Stelle des Eingangs wo sie hineinging und den Altar. Eine andere Zeichnung zeigte eine Krypta mit Statuen im Halbkreis, von denen sie sagte sie seien aus weissem Marmor. In die Krypta kam man durch eine Tür auf der rechten Seite, von der Apsis aus gesehen die dem Fluss zugewand war.
Mit Hilfe der Guide Michelin machten wir die wichtigsten romanischen Kirchen zwischen Puy und Clermont-Ferrant ausfindig, alle mit schwarzen Madonnen und wir besuchten alle, eine nach der anderen.
Das erste was wir herausfanden war dass man, mit Ausnahme von Puèi, in alle durch hinabsteigen von Treppen kam, identisch mit denen in den Träumen.
In Clermont ist die Kathedrale gotisch, aber die alte Basilika ist romanisch und sie befindet sich am Ufer des Flusses Alier. Es ist eine der Hafenjungfrau gewidmete, fantastische, grosse und überaus schöne Kirche, Weltkulturerbe der UNESCO. Aber es war nicht „jene“; allerdings, da sie eine Krypta hatte, stiegen wir hinunter um sie zu sehen.
Oh! Es war ihre Krypta, mit dem Türchen was zum Fluss führte, durch die sie, von der Wallfahrt kommend, ging. Ich schaute auf die vor der Abreise gemachte Zeichnung und konnte es nicht glauben, weil es exakt so war.
Allerdings gab es keine Spur von den weissen Marmorstatuen. Wir suchten einen Fremdenführer und fragten ihn ob dort mal Statuen gewesen waren. Er bejahte es, allerdings seien sie nach Beginn der, dort überaus gewattätigen, Revolution, zur Kathedrale nach Reims überführt wurden aus Angst sie könnten zerstört werden. Es waren weisse Marmorstatuen und sie sind noch immer in Reims!
Die Krypta ja, aber die Kirche war nicht „die Kirche“. Wir wechselten den Ort und besuchten Issoire. Wunderschön, sie ähnelte ein wenig der im Traum, aber sie war es nicht.
Wir beschlossen aufzugeben und waren schon auf der Strasse zurück nach Barcelona als mein Copilot mir sagte „hier in Brioude gibt es noch eine die sehr gross ist, sagt die Guide Michelin“. Ich hatte keine grosse Lust mehr anzuhalten aber ich gab nach.
Diese war es! Ich sah wie Mariona von einer Seite zur andern rannte und die Details identifizierte, viele an der Zahl; sie sagte „Diese Tür führt zur Sakristei“ und so war es. Es war exakt die Kirche ihrer Träume, aber es gab einige wichtige Unterschiede die zu klären waren: Erstens, die Tür von der sie sagte dass sie zum Kloster führte, ging zur Strasse. Als wir den Küster fragten sagte er uns dass das Kloster nach der französischen Revolution von 1789 in so schlechten Zustand war, dass man es abriss als die Kirche in 1840 wiederaufgebaute wurde.
In ihren Träumen sah sie sich im Türbogen einer Seitentür stehen und sie sah den Altar vor sich, genau im Kirchenkreuz; allerdings ist heute die Wand glatt, ohne Spuren von Türen und der Altar befindet sich etwas weiter oben, zur Apsis hin. Wir erstarrten als der Küster uns erzählte dass man den Standort des Altars vor wenigen Jahren wechselte als das Pabsttum riet die Messe den Gläubigen zugewandt zu feiern, und in Bezug auf die Tür hatte er gehört dass sich eine an eben der Stelle des Traumes befand aber sie wurde vor ungefähr hundert Jahren zugemauert. Die Spur der Tür verschwand mit der Zeit aber im Aussenbereich fanden wir einige Stufen die zu der Stelle führten wo sich die Tür mal befand.
Die kostbaren Vorhänge und Wandteppiche verschwanden während der Revolution, das war logisch, aber es blieb ein grosses Rätsel: die Kirche im Traum war dunkel und Saint Julien de Brioude ist heutzutage eine helleuchtende Basilika. Das verstanden wir nicht.
In der darauffolgenden Reise machten wir die Originalpläne der Kirche ausfindig. Sie waren identisch mit der aktuellen Kirche, mit hohen Fensterreihen die dem Gebäude die grosse Helligkeit gaben. Die Dunkelheit im Traum war noch weniger nachvollziehbar.
Das Rätsel löste sich mit einem Blick ins Jahrbuch von Brioude. Ich fand ein Exemplar dass den Wiederaufbau von San Julian in 1840 erklärte. Der Architekt entschied sich der Kirche den Originalentwurf wiederzugeben, gemäss der Pläne. Dazu musste er ein zweites Schieferdach zerbrechen, dass 1550 erbaut wurde um das Haupt- und die Seitenschiffe wasserdicht zu machen. Es kam wohl zuviel Regen hinein. Es wurde aus einem Teil gemacht und so wurden die hohen Fenster des Hauptschiffes blockiert.
Sant Julian de Briuda, Hauptschiff.
So blieb die Kirche zwischen 1550 und 1840 verdunkelt und wurde nur durch die Seitenschiffe erhellt Die Erinnerungen von Mariona liessen sich somit zwischen 1550 und 1789 datieren, dem Jahr der Revolution, was sich mit dem Milieu und der Kleidung mit der sie sich sah, deckte.
In der Umgebung von Brioude machten wir das Flussufer in der Bageasse, die Grotten, die erloschenen Vulkane in der Nachbarschaft, die Wallfahrtswege zur Hafenjungfrau von Clermont, die kleine Kapelle der Dreifaltigkeit ausfindig… Alles!
Eine solch aussergewöhnliche Entdeckung mussten wir mitteilen und so traten wir in Kontakt mit Dr. Ian Stevenson, einem bekannten Autor zahlreicher Bücher über Reinkarnation. Ich telefonierte mit ihm; er war Kanadier aber befand sich in England, man hatte ihn zum Presidenten der Society for Psychichal Research ernannt. So nutzte ich eine berufsbedingte Reise nach London und am 8. Februar 1989 erwartete er uns in seinem Büro, gelobt seien unsere Terminkalender! Er war wie betäubt. Er hatte mehr oder weniger 3000 Fälle von möglichen Reinkarnationen untersucht und unserer war einer der detalliertesten und nachvollziehbarsten.
In 2013 brachte die Webseite der Scientific America einen Artikel des Professor Jesse Bering heraus in dem er sagte „Die Arbeiten von Stevenson hatten begründet dass die statistische Wahrscheinlichkeit einer Existenz der Reinkarnation so überwältigend ist, dass die gesammelten Beweise nicht weniger wertvoll sind als die in anderen Bereichen der Wissenschaft“.
Auszug aus dem Buch: «Vent d’alliberament, guia per a viure lliure i conscient» („Freiheitswind, Leitfaden um frei und bewusst zu leben“) Autor: Jordi Griera. Zu Erwerben bei https://griera.org
Übersetzung in die Deutsche Sprache: M. Luzdivina Vidal Corbí.